Was die Homeshopping-Faszination ausmacht?
Dafür muss ich mal eben in meiner Amateur-Psychologie-Kiste kramen *kruschel*...
Aaalso:
Man ist daheim, in vertrauter Umgebung, idealerweise in entspannter Atmosphäre, bei einem Käffchen oder einem Gläschen Wein oder einer Tasse Tee... whatever.
Also das Gestresse in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder die nervige Parkplatzsuche fällt schon mal weg, ebenso das Gedrängel in den Geschäften, Hitze oder Kälte draußen, gestresste, unfreundliche, überpräsente
oder gar nicht vorhandene VerkäuferInnen
, rücksichtslose, gehetzte, sich vordrängelnde Mitmenschen, etc.
Weiters gibt einem Teleshopping ein Gefühl der Exklusivität; die Moderatoren und Präsentatoren sprechen scheinbar MICH, und NUR mich ganz alleine an.
Es wird geworben und geschmeichelt, was das Zeug hält, die Kundin ist ja sooo klug und schön und begehrenswert und hat sich dieses kleine bisschen Luxus doch redlich verdient, schließlich arbeitet sie ja hart, hält die Familie am Laufen, blablabla... und schaut dabei viel zu wenig auf sich selbst, selbstlos, wie sie natürlich ist.
Und weil die liebe Kundin ja sooo klug ist, bestellt sie natürlich den völlig überteuerten Luxus
-Kram, der sie ja noch viiiel schöner und begehrenswerter macht- und natürlich um mindestens 10 Jahre jünger- "Sie haben es sich verdient..."
Ich behaupte mal frech, je trostloser und eintöniger einem das eigene Leben erscheint, umso anfälliger wird man auch für derartige Schmeicheleien und für Produkte, die einem suggerieren, etwas ganz Besonderes erworben zu haben und damit selbst etwas "Besonderes" zu sein.
Dazu kommt dann noch ein gewisser künstlich hergestellter "Thrill", nämlich der der begrenzten Stückzahlen, gepaart mit Zeitdruck.
"Oh mein Gott, es gibt nur noch 100 Stück von der Wundercreme, wer weiß wann die wiederkommt, wenn ich jetzt nicht bestelle, werde ich es auf ewig bereuen,..."
Man hat also oft nur wenig bis gar keine Gelegenheit, die Vernunft hinzuzuschalten, die einem einflüstern würde, hey, du hast doch noch 7 andere "Wundercremes" im Bunker, die neue "Wundercreme" kommt sowieso wieder (und fast immer auch zum selben Angebotspreis), also bleib mal schön cool und entspann dich.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, es gibt einem durchaus auch ein gewisses Gefühl des Triumphes, noch eines der letzten Stücke ergattert zu haben und dann zu hören, es wären noch 200 Leute in den Telefonleitungen, die jetzt leider leider leer ausgehen.
Was noch?
Aja:
Das Bestellen ist von allen weiteren Vorgängen abgekoppelt, seehr gefährlich.
Im Laden nehm ich das Teil (was auch immer) ja gleich mit, geh zur Kasse und bezahle es, fertig.
Sehr unspektakulär irgendwie.
Beim Teleshopping beginnt nach dem Bestellvorgang (der wie gesagt schon ein kleiner Triumph sein kann und somit schon mal ein gutes Gefühl gibt
) die Zeit der Vorfreude:
Wann wird das Päckchen kommen, wie wird das Produkt in Wirklichkeit sein, wie wird die Verpackung aussehen, sich anfühlen, wie wird die Creme duften, wie sich auf der Haut anfühlen, werde ich wirklich Ergebnisse sehen,...
Dann ist das Päckchen da, hurra, ein Moment wie Weihnachten
, das Auspacken, ein Moment voller Spannung, dann anprobieren, ausprobieren und im Idealfall begeistert sein vom Produkt.
(Oder man ist enttäuscht und ärgert sich, dass man den ganzen Krempel jetzt wieder einpacken und zur Post retourschleppen muss.
)
Und dann, iiirgendwann bezahlt man die schönen Sächelchen natürlich (hoffentlich
) auch, nämlich eben nicht gleich bei Erhalt wie im Geschäft, sondern unter Umständen erst Wochen später.
Dabei ist einem vielleicht gar nicht so recht bewusst, dass man ja soeben seine neue Kette, Creme, was auch immer, bezahlt, sondern man tätigt eben eine Überweisung, Punkt.
Also der (doch eher unangenehme) Akt des Bezahlens wird unter Umständen gar nicht sooo direkt in Verbindung gebracht mit den doch (zumeist) sehr angenehmen vorangegangenen Schritten (bestellen, freudig warten, auspacken, an-/ausprobieren,...).
Wenn gleich vom Shoppingsender vom Konto abgebucht wird, ist dieser Vorgang vielleicht sogar noch "gefährlicher", weil man unter Umständen nur ganz beiläufig mitbekommt, aha, da hat Sender X oder Y ja was vom Konto abgebucht, Betrag scheint in Ordnung zu sein
, also weiter zur Tagesordnung.
Ich persönlich finde zumindest, es tut deutlich mehr "weh", im Geschäft reales Geld hinzulegen, als irgendeinen Erlagschein zu überweisen oder sonstwie bargeldlos zu bezahlen.
Also sehr viele Homeshopping-Anschaffungen hätte ich sicher nie und nimmer im Laden getätigt, wo ich die Ware SOFORT gegen Bares eintauschen hätte müssen.
Apropos "Exklusivität" nochmal:
Dass es die meisten Homeshopping-Waren DRAUSSEN
nicht in dieser Form zu kaufen gibt, gibt einem natürlich auch nochmal das Gefühl, etwas "ganz Besonderes" erworben zu haben.
Und man bekommt die Produkte- im Gegensatz zu den meisten Läden- bis ins kleinste Detail erklärt.
Hab letztens z.B. eine Präsentation beim
n auf der Website geschaut und musste dabei echt bis über beide Ohren grinsen.
Es ging dabei um eine Alfredo Pauly-Jacke, bei der diverse Details als sooowas Besonderes und Exklusives dargestellt wurden, dass ich fast vom Stuhl gekippt wäre vor lachen
, weil jede mittelmäßige Jacke von H&M oder C&A für ein Drittel des AP-Preises mit genau denselben Details aufwartet, weil sie quasi zum "Standard" einer Winterjacke gehören.
Also zusammenfassend kann man sagen, Teleshopping spielt mit unseren EMOTIONEN und spricht unsere GEFÜHLE an und alles, was gute Gefühle verspricht, ist eben begehrenswert, Punkt.
Rauskommen tut man da am ehesten, indem man seinen Glotzkasten ausmacht und sein REALES Leben interessanter gestaltet, anstatt sich passiv berieseln und bequatschen zu lassen
, was aber natürlich nicht heißt, dass es im Teleshopping nicht durchaus sehr tolle Produkte (unter Umständen zu echten Schnäppchenpreisen) gibt- sonst würden wir da wohl alle längst nimmer kaufen, gell?!
Mir persönlich hilft es jedenfalls ungemein, sämtliche vermeintliche
-Teile schön säuberlich auf einem großen Zettel zu notieren, so richtig mit Bestellnummer, Artikelbeschreibung/Größe/Farbe/..., Normalpreis, Angebotspreis,...
Erst wenn das
über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt (was nur ganz ganz selten der Fall ist
), wird es auch beim nächsten Angebot bestellt- alle anderen "Spontan-
" erledigen sich mit dieser Methode eh von selbst.
Und wenn alles nicht hilft, rechne ich mir aus, wieviele Stunden ich für den Preis des Produktes arbeiten muss, und schon ist so manches
gaaanz plötzlich gar keines mehr.