Hallo liebe Wirkstoffpflege-Junkies (und alle, die es werden wollen),
dieser Thread ist ein Ableger zum „Säuren-Thread“ und dient als Orientierungs-Guide für alle Neueinsteiger, Nachschlagewerk für Fortgeschrittene und insgesamt als aktuelle Informations- und Produktesammlung für alle interessierten Leser.
Die verlinkte Tabelle kann zur gezielten Suche nach Wirkstoffen und -konzentrationen, Einzel- oder Kombiprodukten verwendet werden.
Zur aktuellen Tabelle geht’s hier lang: Produkte-Sammlung
und hier gehts zur Arbeitsversion der Tabelle, in die Produkte eingetragen oder bearbeitet werden können.
Falls jemand Sonnenschutz-Produkte eintragen möchte (3. Tabellen-Blatt), möglichst diese Tabelle zur Filter-Benennung nutzen: UV-Filters-Chart, (z.B. "Octinoxate" als Filter eintragen, wenn "Ethylhexyl methoxycinnamate" in den Incis steht, dann wirds übersichtlicher).
Im 1. Tabellenblatt findet ihr die Produkte-Sammlung.
Im 2. Tabellenblatt eine Übersicht der Wirkstoffspezifischen Eigenschaften.
Im 3. Tabellenblatt Sonnenschutz mit HG-Status
Jeder ist eingeladen, hier mit zu machen. Das gilt sowohl für die Produktsammlung, als auch für den Guide zur geballten Wissenssammlung. Falls ihr einen Hersteller anfragt und neue Infos zu Produkten erhaltet, bitte hier kommentieren, nach Möglichkeit mit pH-Wert und potenziellen Reizstoffen. Ebenso falls Produkte umformuliert worden sind.
Fragen und Diskussionen um die Produkte und Kombinationsmöglichkeiten bitte in einem der anderen Threads. Hier nur, wenn es um Neuformulierungen, abweichende Angaben etc. geht.
Alle Fragen zur allgemeinen Säuren/Retinol/Wirkstoffe-Thematik in diesem Thread: AHA, BHA, Retinol und Co. - Teil IV
Individuelle Schichten-Routinen können hier vorgestellt werden (hilfreich für andere) oder neue Routinen ausführlich beraten werden: Schichten-Thread
Zum Sonnenschutz-Thread geht es hier lang: Der ideale Sonnenschutz II
Produkte und Tipps zu asiatischer Kosmetik findet ihr hier: Asiatische Kosmetik - Der Thread
Bitte lest euch vorher in das hier gesammelte Grundwissen ein, das dürfte viele Fragen im Vorhinein klären. Alles Weitere gerne im Säuren-Thread.
Falls euch im Guide fehlerhafte Informationen auffallen oder ihr über interessante Reviews und neue, fundierte Erkenntnisse im Netz gestolpert seid: Gerne hier anmerken, ergänzen, Info-Quellen verlinken, etc.
Viele Belange in Sachen Hautpflege sind nicht ausreichend erforscht, manche werden sogar unter ausgewiesenen Experten heiß diskutiert. Endgültig gesichert ist – wie vieles im Leben – nichts (Einzige Ausnahmen: Präventive Basispflege, Wirkstoffe mit „Goldstandard-Status“). Dieser Guide orientiert sich im Zweifelsfall immer an den vermutlich „hautschonenderen“ Empfehlungen (Thema Alkohol, Duftstoffe) und „wahrscheinlich wirkungsvolleren“ Vorgangsweisen (Thema Wartezeiten, pH-Werte, Schichtenregeln und Wirkstoffkombinationen). Daher kann es vorkommen, dass ihr auf Blogs oder in Fachartikeln auf andere Informationen oder Empfehlungen stoßt, als hier. Der Sinn dahinter ist, im Zweifelsfall auf Nummer sicher zu gehen, bestmögliche Resultate zu erzielen und sich durch klare Regeln (keine Reizstoffe!) das ohnehin schon komplizierte Hautpflege-Leben etwas zu erleichtern.
Und da es schon um Reizung und Irritation geht: Bitte macht langsam mit der Einführung von Wirkstoffen in eure Hautpflege. Konzentriert euch erstmals auf die Basics (=Präventive Basispflege):
- Milde Reinigung: Tensidfrei mit Reinigungsöl oder -milch oder mit sanften Tensiden wie Mizellenwasser und milde Waschlotionen
- Geeignete Sonnencreme (am Besten SPF 30+, Breitbandschutz) finden und täglich (!) benutzen. Das kann dauern und einige Produkttests erfordern. Aber es ist die Basis für alles Folgende und immer noch das bestmögliche Anti-Aging, denn: Vorsorge ist besser als Nachsorge!
- Fokus auf „Goldstandard“: Bei der Fülle an Wirkstoffen ist es immer sinnvoll, sich beim Wunsch nach möglichst minimalistischer und wirksamer Pflege an die bewährten Basics zu halten: Milde Reinigung, Chemisches Peeling, Retinol und Sonnenschutz. Alles andere sind zusätzliche Bonus-Produkte, die nicht unbedingt nötig sind, außer ihr vertragt einen der Wirkstoffe nicht. Als hautfreundliche Allrounder-Inci haben sich Niacinamide und Azelainsäure bewährt.
- Optional: Solide Feuchtigkeitspflege + Stärkung der Hautbarriere: Toner, Seren, Cremes oder Öle mit Humectants, Emmolients, Okklusiva. (Auswahl nach Hauttyp, siehe „Exkurs Moisturizer“) Bewährte Wirkstoffe sind u.a. Niacinamide, Ceramide, Hyaluronsäure, Peptide. Azelainsäure kann besonders bei fettiger, unreiner Haut und Rosazea ebenfalls zu Beginn eingeführt werden, da es so mild und gleichzeitig hochgradig wirksam ist. Bei akutem Akne-Schub ist BPO zur Bakterien-Eindämmung immer noch erstes Mittel der Wahl. Niedrige Dosierung (2.5%) und „Abwasch-Methode“ (Link) können den Reiz mindern. Sobald sich euer Haut-Zustand verbessert hat, BPO wieder ausschleichen und auf hautfreundlichere Maßnahmen setzen (BHA, Azelainsäure, Niacinamide).
Einstieg: Wegweiser zur Wirkstoffpflege
1. Hautalterung
Hautalterung ist ein natürlicher biologischer Prozess, der sich nicht vermeiden lässt. Unterscheiden lassen sich aber verschiedene Einflussfaktoren, die den natürlichen Alterungsprozess beschleunigen:
Intrinsische Hautalterung (20%): Gene, allgemeiner Gesundheitsstatus und Wohlbefinden, Hauterkrankungen (z.B. Akne, Rosazea, Neurodermitis)
Extrinsische Hautalterung (80%): Strahlung, Umweltschmutz, Lebensführung (Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung), Gewohnheiten (z.B. Schlafposition), und nicht zuletzt Hautpflege.
Folgen der Hautalterung:
• Der Hautzyklus verlangsamt sich
• Die Kollagenproduktion nimmt ab, die Haut verliert an Volumen
• Elastinproduktion nimmt ab, die Haut verliert an Spannkraft
• Die Sebumproduktion nimmt ab (fettet weniger nach: weniger schützendes Sebum)
• Produktion von hauteigenen Lipiden nimmt ab, die Haut wird trockener
• Die Haut reproduziert „fehlerhafte“ Zellen statt gesunder, praller Zellen
• Die Haut wird dünner (pergamentartig) und verletzlicher
• Die regenerativen Fähigkeiten verlangsamen sich.
Um vorzeitige (extrinsische) Hautalterung zu verringern gibt es präventive Schutz-Strategien (in erster Linie Sonnenschutz, Vermeidung von Irritation).
Um bereits entstandene Hautschäden zu verringern oder zu beseitigen gibt es reaktive Maßnahmen und Wirkstoffe, die den ursprünglichen Hautzustand und ihre natürliche Funktion wieder anregen bzw. herstellen sollen oder die Ursachen / Symptome von Hauterkrankungen verringern.
2. Prävention – Vermeidung von Irritation
Wirkstoffkosmetik und Anti-Aging-Pflege ist in erster Linie ein präventiver Ansatz, um die Haut weitestgehend in ihrem natürlichen, gesunden Zustand zu erhalten. Daher wir der Fokus v.a. auf Reizvermeidung gelegt. Einige der Reizfaktoren sind notwendige Irritationen und lassen sich nur schlecht vermeiden, z.B. Wasserkontakt, Konservierungsmittel, Emulgatoren, (evtl. milde Tenside), UV-Filter.
Irritation wird nur in Kauf genommen, wenn es einen nachweislichen Mehrwert für die Haut hat (z.B. chemisches Peeling und Retinol) oder die Haut bereits geschädigt (Tretinoin bei tiefen Falten) oder erkrankt ist (z.B. BPO bei schwerer Akne). Aber auch hier gilt immer die individuelle Grenze: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
Überblick Irritationsquellen: (Quelle: Skinci, Paula's Choice)
• Wasser
• Umweltfaktoren (Hitze, Kälte, Wind, trockene Luft)
• Reibung (mechanischer Reiz)
• Säuren
• Basen
• Lösungsmittel/Alkohol
• Tenside
• Okklusion
• Duftstoffe, Ätherische Öle
• UV-Filter, Konservierungsstoffe
• Sonnenstrahlung, Solarium
• Stress
Intensität der Irritation ist abhängig von...
Länge des Kontaktes, Häufigkeit des Kontaktes Zustand der Haut, Umweltfaktoren, Hautstelle, Stärke des Irritanten, Löslichkeit des Irritanten, Kombination von mehreren Irritanten --> Potenzierung der Irritation
Folgen:
Aufquellen der Haut, Schwächung der Hautbarriere, Verlust von hauteigenen Fetten + Lipiden, Austrocknung, Durchlässige Barriere (Potenzierung von Reizstoffen), Störung der Hautflora, Entzündungsprozesse, vermehrtes Nachfetten der Haut (hormonelle Schutzreaktion), verstopfte Poren, Unreinheiten, Rötungen, Spannungsgefühle, Kribbeln bis Brennen, Begünstigung von Hautkrankheiten (Akne, Rosazea, Ekzeme, Periorale Dermatitis, Allergien, Pigmentflecken, Melasmen) Gewebeschäden, Zellsterben, Kollagenabbau.
3. Routine-Check / Inci-Check bisheriger Produkte:
Alle (!) Produkte die ihr bisher verwendet habt auf ihre Inhaltsstoffe überprüfen (Angefangen beim Reiniger, über Seren, Cremes, zu Primer, Foundation, Puder). In der nachfolgenden Tabelle sind die wichtigsten Reiz- und Irritationsstoffe versammelt. Scharfe Tenside (wie SLS und Seife) solltet ihr komplett meiden. Alkohol kann in Mini-Mengen toleriert werden (zumindest bis das Produkt aufgebraucht ist). Selbes gilt für Parfum am Ende der Inci-Liste und wenn es den Vermerk „reizarme Parfümierung“ trägt (wie in vielen Apothekenmarken). Die aufgelisteten Konservierungs- und Duftstoffe haben ein hohes Irritations- und Allergiepotential und sollten nach Möglichkeit ebenfalls gemieden werden. Allergene Inci sind tückisch: Selbst wenn sie über Jahre gut vertragen werden, kann sich irgendwann eine Allergie entwickeln. Zusätzlich sorgen Duftstoffe für eine nicht unbedingt sichtbare Irritation der Haut. Folgen können erhöhte Sebum-Produktion (fettige Haut), Unreinheiten (durch mehr Sebum verstopfte Poren) und langfristig Kollagenabbau (durch anhaltenden Entzündungsprozess in der Haut) sein.
Hilfreich kann die Erstellung einer Liste sein auf der ihr alle Produkte inkl. Reizstoffe notiert und wann ihr sie verwendet. Im Besten Fall sollten nicht mehr als 1-2 Produkte mit Reizstoffen in eurer Schichten-Routine vorkommen.
- pH-Wert-Check: Alle Produkte sollten nach Möglichkeit einen pH zwischen 4.5 - 5.5 haben (Ausnahmen: notwendigerweise saurere Wirkstoffprodukte).
Mechanischer Reiz: Jegliche Art von Reizung irritiert die Haut und sollte auf ein Minimum reduziert werden. Dazu zählen körnige Waschpeelings, Mikrofasertücher/Wash Clothes, Waschlappen, Konjak-Schwämme, Wattepads, Abschminktücher, Gesichtsbürsten, Dermaroller.
Da Chemisches Peeling und Retinol schon eine notwendige Irritation der Haut bedeuten, sollten alle unnötigen, zusätzlichen Reize minimiert werden.
Double Cleansing (2 Reiniger hintereinander) oder doppeltes Peeling (chemisch + manuell) bedeutet doppelten Reiz und hat keinen Mehrwert für die Haut, sondern verursacht schlicht unnötige Irritation und intensiviert die Reizung. Ein quietschsauberes Gefühl nach der Reinigung ist kein Zeichen für saubere Haut, sondern für komplette Entfettung und damit Verlust von wertvollen Hautlipiden. Tenside sollten nach Möglichkeit komplett vermieden werden (zumindest im Gesicht). Gründliches Nachspülen mit lauwarmen Wasser hilft, Rückstände zu beseitigen. Bei Reinigung mit Abschminktüchern, Mizellenwasser oder Gesichtswasser mit Tensiden sollte ebenfalls nachgespült werden, da verbleibende Rückstände sonst mit der Pflege eingeschlossen werden und so die Irritation verstärkt wird (Ausnahme: hypersensible Haut die kein Wasser verträgt).
Wie oft reinigen? Regelmäßige Reinigung ist wichtig, um die Haut von überschüssigem, altem Sebum, Schweiss, Hautschüppchen und angesammelten Schadstoffen zu befreien. Zweimal am Tag (Morgens+Abends) ist ausreichend und sollte immer direkt vor dem Neuauftrag von Hautpflegeprodukten erfolgen.
Nur Wasser als „Reiniger“ ist schädlicher als in Kombination mit Abwaschprodukten, da es nicht gründlich reinigt (nicht lipophil) und in Folge lediglich unnötig irritiert und den Wasserverlust der Haut erhöht. Alte, irritierende Sebum-Rückstände auf der Haut werden mit der nachfolgenden Pflege eingeschlossen und wirken so doppelt reizend.
Milde Reinigungsprodukte (Reinigungsöl-, balm oder -milch) reinigen nicht nur gründlicher (da lipophil), sondern können sogar den ganzen Prozess an sich mildern (durch hautfreundlichen pH und rückfettende Inhaltsstoffe). Zusätzlich wird die Aufnahmefähigkeit der Haut für Wirkstoffe erhöht.
Okklusion ist zwar wünschenswert um die Barrierefunktion der Haut zu stärken und den TEWL zu minimieren, kann in Übermaßen aber ebenfalls irritierend sein. Dies gilt insbesondere bei Akne (Übermaß an Feuchtigkeit=Nahrung für Bakterien?), Rosazea (Hitzestau) und in Kombination mit Irritation durch das Produkt selbst (Lanolin) oder den Einschluss anderer Irritanten (insb. Duftstoffe). Hier muss das richtige Maß für die eigene Haut gefunden werden. Der Bedarf nach Okklusion ist außerdem nicht statisch, sondern flexibel (Hautzustand ändert sich, Außenfaktoren ebenso). Barrieregestörte, trockene Akne-Haut braucht mehr Okklusion bis eine Stabilisierung der Hautfunktion erreicht ist. Rosazea Haut braucht besonders im Winter Schutz vor schädlichen Trigger-Faktoren wie eisigem Wind im Freien (z.B. mit Hilfe einer okklusiven Fettcreme draußen, die drinnen wieder entfernt wird).
Inci-Check-Überblick
4. Hauttyp bestimmen: Normale Haut ist ausgeglichen, „gut versorgt“ und prall, i.d.R. ohne Unreinheiten (außer evtl. zeitweise hormonell bedingt) und verfügt über einen „natürlichen Glow“. Alles was davon abweicht kann nach verschiedenen Hautzuständen und -problemen unterteilt werden. Meist erfolgt die Unterscheidung nach Normal-Fettig-Trocken, was aber bei weitem nicht die volle Bandbreite abdeckt. Zur Bestimmung eures Hauttyps können folgende Kriterien hilfreich sein:
Sebum-Content: Fettig - Nicht fettig
Water-Content: Trocken - Nicht trocken
Misch-Form: Normal bis trockene Wangen + fettige T-Zone (="normal")
Weitere Merkmale:
Sensibel, Rötungen, Unreinheiten, Pigmentflecken, Aknenarben, Couperose, Fältchen, Falten, Barrierrestörung, Verhornungsstörung,...
Um äußere Einflussfaktoren auf euren Hautzustand auszuschließen kann es hilfreich sein, einen gezielten Hauttyp-Testlauf zu machen (z.B. am/übers Wochenende):
- Wascht euer Gesicht Morgens mit einem neutralen, reizfreien Reinigungsmittel (z.B. dem Balea Reinigungsöl). Tragt danach keine Pflege auf (auch keine Sonnencreme!), sondern belasst eure Haut für ein paar Stunden bzw. für 1-2 Tage in diesem Zustand. Beobachtet genau, wie eure Haut sich in den nächsten Stunden / Tagen verhält. Spannt sie nach der Reinigung und wenn ja, wie lange? Fettet sie nach? Schuppt sie?...
- Verwendet zur Einschätzung eures Hauttyps dann die obige Tabelle.
- Auf die meisten der oben genannten Merkmale lässt sich durch richtige Pflege und Ernährung schnell und unkompliziert Einfluss nehmen. Klar davon abzugrenzen sind diagnostizierte Hautkrankheiten, wie z.B. Akne, Rosazea, Periorale Dermatitis, Atopisches Ekzem (Neurodermitis).
Spoiler: Der Gang zum Arzt
5. Auswahl der Produkte und Wirkstoffe:
- Wenn eure Basis Routine (Reiniger, Sonnenschutz, evtl. Feuchtigkeitspflege) steht, könnt ihr mit gezielter Wirkstoffpflege beginnen. Generell gilt: 1 neuer Wirkstoff pro Hautzyklus (~4 Wochen)!
- Spoiler: Warum so langsam?
- Eigene Hautprobleme nach Priorität ordnen: Was ist das drängendste, nervigste Problem?
- In den meisten Fällen ist chemisches Peeling das erste Mittel der Wahl, da es zahlreiche Pflegebedürfnisse auf einmal abdeckt. Trockene Haut ist mit AHA gut bedient, unreine Haut mit BHA. Bei Allergie gegen Aspirin (kein BHA!) kann Mandelsäure oder Azelainsäure eine gute Alternative sein.
Spoiler: Überblick Mechanisches und Chemisches Peeling
- Produkte sichten (Wirkstofftabelle) und anhand der Prioritätenliste Routine planen (Auswahl des gewünschten Wirkstoff-Produkts).
- Hilfestellung im Forum suchen (Säuren-Thread), Haut-Zwillinge suchen, finden und im Auge behalten (ähnliches Hautbild, ähnliche Unverträglichkeiten)
- Behaltet die Inhaltstoffe aller Produkte im Auge (Hautpflege-Produkte und Make-up)! Versucht reizende Inhaltstoffe nach Möglichkeit komplett zu vermeiden oder die Produktanzahl strikt zu begrenzen (je mehr Produkte ihr übereinander schichtet, desto unkontrollierbarer wird der Reizstoff-Mix).
- Tuben / Pumpspender sind generell Tiegeln vorzuziehen (hygienisch + stabiler). Umfüllen ist nur bedingt eine Lösung, da während dem Umfüllprozess die komplette Creme aufgewühlt wird und massig Wirkstoffe (AOX & Co) bei Luftkontakt vernichtet werden. Bei simpler Basis-Creme aber eine Überlegung wert.
- Probengrößen sind für viele Produkte kostenlos oder für kleines Geld verfügbar, damit könnt ihr die Konsistenz vorm Kauf austesten. Auch ein Patch-Test kann hilfreich sein, bevor ihr neue Produkte im ganzen Gesicht verwendet – das kann euch böse Überraschungen ersparen.
- Falls ihr trotz vorbildlicher Pflege und potenter Super-Wirkstoffe keine Besserung eures Hautbildes bemerkt, kann es helfen, mit Wartezeiten, verschiedenen Auftragsweisen oder Schichten zu experimentieren. Ein saurer Toner kann die Wirkung von chemischen Peelings boosten, Retinol schein besser zu wirken, wenn es direkt nach der Reinigung und ohne zusätzliche Produkte auf der Haut wirken kann. Bei Reizungen dagegen kann eine Wartezeit zwischen Reinigung und Wirkstoffauftrag oder die Kombination mit leichten Tonern und Seren oder der direkte Mix mit einer Creme als „Puffer“ die Irritation mildern. Bei anhaltender Reizung das Produkt in jedem Fall absetzen, da selbst der beste Wirkstoff nicht gegen die schädigende Dauer-Irritation und damit verbundenen Entzündungsprozesse ankommt.
- Nebenfaktoren prüfen: Die Ernährung kann einen maßgeblichen Einfluss auf euren Hautzustand haben, insbesondere bei fettiger Haut (Hormone!). Eine Testphase mit bewusst Insulinarmer Ernährung (Reduzierung von Milch, Zucker, etc.) bringt Klarheit.
- Grundsätzliche Hygiene sollte bei Bettwäsche, Handtüchern, Waschlappen und Kosmetikartikeln (Pinsel, Beautyblender, etc.) penibel eingehalten werden und regelmäßig gereinigt oder erneuert werden.
Beispiele für Wirkstoffe nach Hauttyp + -bedürfnis:
Jede Haut + jedes Alter: Sonnenschutz + AOX, Niacinamide, Ceramide, Hyaluronsäure, Chemisches Peeling (AHA), Peptide, Retinol (ab 25+ in leichter bis mittlerer Stärke)
Plus je nach Hautbedürfnis...
• Mischhaut: + Chemisches Peeling (BHA/LHA), Azelainsäure, Niacinamide, Zink, Linolsäure
• Unreine Haut: + Saurer Toner, Chemisches Peeling (BHA + AHA), Azelainsäure, Niacinamide (4%), Zink, Linolsäure, evtl. temporär BPO, Retinoide
• Trockene Haut: + tensidfreie Reinigung, Humectants + Okklusiva, Reichhaltige Konsistenzen mit Ölen + Buttern, gezielt schichten
(Toner+Seren+Creme/Öl, Okklusiva). Austrocknende Wirkstoffe (BHA, Zink, mineralische SC) eher meiden.
• Reife Haut (40+): ähnlich trockene Haut + Retinoide, Vitamin C, Linolsäure.
• Sonnengeschädigte Haut (ledrig, fahl, Pigmentflecken):
(1) Hautzyklus beschleunigen, vereinheitlichen: Chemisches Peeling (AHA), Vitamin C (20%), Retinoide,
(2) Melaninproduktion hemmen: Niacinamide (4%), Azelainsäure (15%) alternativ Pflanzenextrakte (z.B. Mulberry Extract, Kojic Acid, Resorcinol,
Arbutin, Glycyrrhetinic Acid, Glycyrrhiza Glabra (Licorice) Root Extract, Tranexamic Acid oder Hydrochinon (Rezeptpflichtig), Tretinoin (Rezeptpflichtig)
(3) Neuentstehung verhindern: hoher + penibler Sonnenschutz, AOX (insb. Vitamin C + E + Ferulic Acid).
• Sensible Haut, Rosazea: Tensidfreie Reinigung, chemisches Peeling mit BHA/LHA oder milden AHA (Milch- oder Mandelsäure, PHA), Azelainsäure
(15%), Niacinamide (4%), Barriere stärken (Ceramide, Cholesterol, Fettsäuren) und beruhigen (z.B. Panthenol, Bisabolol), eher leichte Konsistenzen.
Überblick: Goldstandard & Alternativen:
- Fahle Haut: Glycolic Acid, Alternativen: Alle anderen AHAs+BHAs
- Falten: Tretinoin, Alternativen: Retinoide (Retinol+-Derivate), Niacinamide, Peptide, Vitamin C
- Pigmentflecken: Hydrochinon, Alternativen: Azelainsäure, Niacinamide, Tranexamic Acid, Vitamin C
- Unreinheiten: BPO, Alternativen: Alle BHAs (Salicylic Acid & Co), Mandelsäure, Azelainsäure, Niacinamide
Spoiler: Exkurs Moisturizer:
6. Planung der neuen Hautpflege (Schichten-Routine):
Am einfachsten ist es, alle ausgewählten Produkte zu notieren und auf Morgens und Abends zu verteilen.
Grundregeln:
- Von leicht nach schwer schichten (Flüssige Produkte zuerst, Okklusiva zum Schluss)
- Sonnencreme hat immer Priorität (Auftragsmenge: mind. 1 Fingerlänge), daher darunter nur leichte oder sehr kleine Mengen anderer Produkte schichten. Bei sehr fettiger Haut reicht eine gut ausgewählte SC als Tagespflege aus.
- Potente Wirkstoffe am Besten Abends verwenden (da lichtempfindlich) und direkt nach der Reinigung. Evtl. mit Toner/Serum vorher zur pH Regulierung und/oder als Puffer.
- Bei chemischem Peeling oder anderen sauer formulierten Produkten: Wartezeit einhalten (~15-30 min) falls weitere Schichten geplant sind. Ein cremig formuliertes Wirkstoffprodukt kann auch weitere Schichten ersetzen.
- Zu Beginn 1 reizender Wirkstoff pro Hautzyklus (~4 Wochen).
- Langsam einführen: Potente Wirkstoffe Anfangs nur jeden 2. oder 3. Abend verwenden.
- Irritierende Wirkstoffe (z.B. saures Vitamin C, chemisches Peeling, Retinol) sollten nicht in der selben Routine verwendet werden (Überreizung). Lieber auf verschiedene Tage oder zumindest verschiedene Routinen verteilen (das eine Morgens, das andere Abends).
- Die Wirkung der meisten potenten Wirkstoffe (AHA, BHA, Retinol) ist an regelmäßige Verwendung gekoppelt. In Studien werden Wirkstoffe grundsätzlich täglich und bis zu 2 Mal am Tag aufgetragen. Um die volle Wirkung eines Produkts zu sehen kontinuierlich und mind. jeden 2. Tag verwenden. Nach Eingewöhnung (~2-4 Wochen) und guter Verträglichkeit auf täglich steigern. Daher ist es sinnvoll mit niedrigen Dosierungen zu beginnen: Der beste Wirkstoff bringt euch nichts, wenn ihr die erforderliche Anwendungs-Frequenz nicht erreicht.
- Wenn zusätzliche Wirkstoffe eingeführt werden: Im Wechsel mit dem bisherigen Produkt verwenden (z.B. Tag 1 AHA, Tag 2 Retinol) oder zumindest in verschiedenen Routinen (Morgens BHA, Abends Retinol).
Beispiel:
Morgens:
1. Reinigung
2. Toner
3. Serum
4. Moisturizer
5. Sonnenschutz
Abends:
1. Reinigung
2. (Toner)
3. Wirkstoff
*Wartezeit 15-30 min*
4. Serum
5. (Moisturizer)
6. (Okklusiva)
Beispiel mit Produkten:
- Besonders bei chemischem Peeling und Retinol kann zu Beginn eine Erstverschlimmerung eintreten (mehr Unreinheiten und Pickel), muss es aber nicht. Da hilft nur durchhalten (2-4 Wochen) und genau beobachten, ob sich eure Haut nur an den neuen Wirkstoff gewöhnen muss.
- Davon zu unterscheiden ist eine generelle Unverträglichkeit gegen einzelne Incis im verwendeten Produkt oder eine Unverträglichkeit des Wirkstoffs an sich oder das Produktspezifische Überlieferungssystem. Bei schlimmen Haut-Reaktionen und Unwohlsein lieber die Verwendung abbrechen, als sich weiter zu quälen. Lebensqualität geht vor Wirkstoff. Vielleicht müsst ihr nur noch den für euch passenden Wirkstoff finden und da gibt es zum Glück reichlich Auswahl.
- Bei Retinolbrand alle reizenden Produkte aussetzen oder zumindest drastisch reduzieren. Mit okklusiven, reizfreien und beruhigenden Salben pflegen (z.B. CeraVe Healing Ointment, Clinical Moisturizer)
- Bei Verdacht auf Periorale Dermatitis alle Produkte mit Reizstoffen (Alkohol, Duftstoffe) oder generell reizender Formulierung (Wirkstoffe, saurer pH) vorerst absetzen und auf zum Doc.
- Bei wiederholter Unverträglichkeit verschiedener reizarmer Produkte einen Allergietest beim Doc machen (Epikutantest)
- In der Schwangerschaft ist die Verwendung von BHA und Retinoiden umstritten. Besprecht das mit eurem Arzt. Im Zweifelsfall lieber darauf verzichten.
- Manche Wirkstoffe vertragen sich evtl. nicht in Kombination, daher sollten sie vorsichtshalber in unterschiedlichen Routinen verwendet werden:
- Saure Wirkstoffprodukte nicht mit hautneutralen Produkten schichten oder Wartezeit (~15+ min) einhalten. Ausnahme: Wasserfreie Produkte (Silikonbasierte Seren, Öle, da: kein pH).
- Niacinamide sollten nicht mit sauren Produkten (pH < 4) kombiniert werden (evtl. B3-Rush)
- Retinol sollte nicht mit sauren Produkten kombiniert werden.
- Sonnenschutz-Filter: Octinoxate degradiert Avobenzone. In modernen Sonnenschutzcremes werden dennoch oft beide verwendet, mit zusätzlich stabilisierenden Filtern (z.B. Tinosorb). Beim Schichten
von verschiedenen SC aber evtl. ein Auge darauf haben, welche Produkte ihr verwendet.
- Bei SC Auf Breitbandschutz (UVB, UVA1, UVA2) achten. Schwache Filter (USA) evtl. mit viel AOX (z.B. im Serum) pushen.
- Unter starke Okklusiva sollten keine Reizstoffe geschichtet werden (doppelt irritierend)
- Alle Produkte nacheinander auf die noch feuchte Haut auftragen, Sonnenschutzprodukte nicht in der Hand mischen.
- Thermalwasser oder Humectants über fettigen Produkten können das Einziehen beschleunigen.
- Nach dem Auftrag der letzten Schicht (Sonnenschutz) ca. 20 min warten bis alles eingezogen ist.
- Hört auf eure Haut. Wenn ihr das Gefühl habt, Produkte liegen nur sinnlos obenauf mit der Auftragsweise und Kombination experimentieren. Bei Verdacht auf komedogene Produkte nach 1-2 Wochen
absetzen, pausieren, neu starten. Wiederholt sich der Effekt ist es anscheinend nicht das richtige Produkt. Manchmal werden Anfangs unverträgliche Produkte auch nach längerer Verwendung oder
längerer Pausierung plötzlich vertragen.
To be continued...