In der Kosmetikbranche herrscht derzeit so etwas wie Goldgräberstimmung, meldet die FTD.
Der Markt ist nach Branchenschätzungen weltweit rund USD 200 Milliarden wert, und die Wachstumsmöglichkeiten scheinen unbegrenzt. "Sie können vielleicht genug Küchenpapier haben, aber nie genug Lippenstifte", wird die P&G-Markenmanagerin Hanneke Faber zitiert.
Analysten rechnen mit weiteren Zukäufen des US-Konzerns, schließlich biete das Beauty-Geschäft "attraktive Wachstumsraten und hohe Margen", schreibt der Analyst Christian Nagstrup von der dänischen Jyske Bank.
Entsprechend heftig ist der Wettbewerb, der um die weltweite Vorherrschaft an den Schminktischen entbrannt ist.
2003 ging P&G in die Offensive: Die Amerikaner kauften dem italienischen Modehaus Valentino eine Lizenz für die Herstellung teurer Parfüms ab. Kurz darauf übernahm P&G das deutsche Haarpflegeunternehmen Wella, Ende 2005 folgte ein weiteres Lizenzgeschäft mit Dolce & Gabbana. "Beauty ist die Maschine, die unser Wachstum antreibt", sagt Chris de la Puente, Weltchef der Haarpflegesparte von P&G.
Der Schlagabtausch
L'Oréal, bislang die Nummer eins der Branche, schlug zurück und übernahm das britische Beauty-Haus The Body Shop. Und kaum hatte P&G den Lizenzvertrag mit Dolce & Gabbana unterzeichnet, zog LOréal nach und gab eine Zusammenarbeit mit dem Modehaus Diesel bekannt.
Dieses Jahr sponsorte P&G die Mailänder Modewochen, eines der wichtigsten Events der Luxus- und Modeszene. Der Konzern sorgte auf diese Weise dafür, dass seine Schönheitsprodukte auf den Laufstegen vor Hunderten von Modejournalisten zur Geltung kamen. So richtig freuen konnte sich P&G über den Coup aber nicht. Denn beim Sponsoring des lukrativen Haargeschäfts war in Mailand Rivale L'Oréal zum Zuge gekommen.
Die Erkenntnis, dass sich mit dem Wunsch vieler Verbraucher nach einem besseren Aussehen viel Geld verdienen lässt, versetzt die Kosmetikmärkte weltweit in Hochstimmung.
Der Düsseldorfer Persil-Hersteller Henkel sorgte für Aufsehen, als er für USD 420 Millionen in den amerikanischen Markt für Deos einstieg. Nun wird darüber spekuliert, dass Unilever sein Körperpflege-Geschäft mit Marken wie Dove oder Rexona verstärken könnte. Der britisch-niederländische Konsumgüterkonzern will seine Tiefkühlsparte samt der Marke Iglo verkaufen. Was er mit dem Verkaufserlös von schätzungsweise 1,4 Mrd. Euro vorhat, gilt in der Branche als ausgemacht, so die FTD weiter.
Auch der neue L'Oréal-Chef Jean-Paul Agon kündigte schon Wochen vor seiner offiziellen Ernennung weitere Zukäufe an. Die Gelegenheiten werden allmählich knapp, denn richtig Geld verdienen lässt sich nur mit Marken, die bereits weltweit oder zumindest auf großen lokalen Märkten eingeführt und bekannt sind. "Jeder versucht, sich die Marken zu sichern, die noch zu haben sind", sagt eine Branchenkennerin.
Westeuropa als Härtetest
Der Schauplatz des Wettkampfs ist Europa, mögen auch die Märkte in Russland und China rasant wachsen. Weil sich die Kundinnen in Rom oder Paris nicht mit zweitklassiger Ware zufrieden geben, gilt Westeuropa als eine Art Härtetest. "Was hier funktioniert, funktioniert im Zweifel auch sonst überall in der Welt".
Vor allem das Parfümgeschäft ist heiß umkämpft, denn Düfte gelten als Einstiegsprodukt in den lukrativen Markt für Luxusgüter. Teure Mode leisteten sich Hunderte von Kunden, teure Accessoires wie Sonnenbrillen und Taschen Tausende, sagt Valentino-Chef Michele Norsa.
"Aber ein Parfüm auf dem Markt zu haben, bedeutet, Millionen Kunden anzusprechen." Es garantiere die Sichtbarkeit der Marke und locke viele junge Menschen und damit die Käuferschichten von morgen an.
Still und heimlich
P&G will in diesem Marktsegment mitreden. Neben den Lizenzvereinbarungen mit italienischen Luxushäusern haben sich die Amerikaner auch noch das solide Parfümgeschäft von Wella gesichert. Wella verfügt neben Haarpflegeprodukten über Düfte wie Mexx, Puma und Bruno Banani, auf die P&G nun Zugriff hat. "Das Parfümgeschäft wird sich in den kommenden Jahren auf die fünf großen Konzerne L'Oréal, P&G, LVMH, Coty und Estée Lauder konzentrieren", wird der Parfümmanager von P&G, Markus Strobel, in der FTD zitiert.
L'Oréal hat den ehrgeizigen Wettbewerbern aus Cincinnati aber einiges voraus. Der Schönheitskonzern mit Marken wie Helena Rubinstein oder Cacharel ist schon seit langer Zeit eine feste Größe im internationalen Kosmetikgewerbe und routiniert darin, Modetrends zu erfassen und Kosmetik entsprechend weiterzuentwickeln. Beim Einstieg in den Luxusgütermarkt hat P&G noch immer mit seinem alten Image zu kämpfen. "Wir werden immer mit Head & Shoulders in Verbindung gebracht."
In Europa tut sich P&G ohnehin schwerer als auf dem US-Heimatmarkt. Während P&G-Chef Alan G. Lafley als Marschroute vorgibt, die Hälfte des Umsatzes aus dem Geschäft mit schönheits- und gesundheitsfördernden Produkten zu erzielen, würden sich die Europamanager von P&G freuen, wenn sie mittelfristig damit 40 Prozent erreichen könnten, meint die FTD. In Deutschland habe P&G beispielsweise einen Marktanteil, der deutlich hinter Mitbewerbern wie Beiersdorf zurückbleibt.
Direkter Angriff
Doch der französische Rivale will seine Position nicht freiwillig räumen. Statt sich zum Gejagten machen zu lassen, nimmt L'Oréal den Kampf auf. Mit der Übernahme der Kosmetik-Handelskette The Body Shop greift der Konzern P&G direkt an. Die Franzosen, die bisher nur eine Hand voll Läden betreiben, gewinnen so mehr Kundennähe, wo sich die Amerikaner bisher auf sicherem Terrain wähnten. The Body Shop hat ein weltweites Netz von über 2000 Filialen aufgebaut, das jährlich bis zu 77 Millionen Kundenkontakte verzeichnen soll.
Quelle: FTD