Es gibt ja hier viele gewerbliche Sieder, die nette Seifen machen und sich Mühe mit einer schönen Zusammensetzung geben. Und egal, ob man bei Oliva, Waldfussel, Autunmjoy, im Seifenparadies oder bei Karl-Otto Superseifenmacher kaufen will - wonach sucht man "gute Seife" aus?
Zunächst einmal stellen die gewerblichen Sieder ihre "Naturseifen" in der Regel so her, dass sie Fette und Öle mit Lauge mischen und dabei die Mengen so bemessen, dass a) ein Restfettgehalt für Pflege und Milde unverseift übrig bleibt ("Überfettung") und b) entfernen sie das bei der Verseifung entstehende Glycerin nicht aus der Seife.
Die "Industrieseifen" werden in der Regel so hergestellt, dass Fette und Öle mit Lauge vermischt werden, aber aus der entstehenden Seifenmasse das Glycerin entfernt wird und keine Überfettung übrig bleibt. Dadurch erhält man eine sehr haltbare und flexibel nutzbare Kernseife, die man mit verschiedenen Ölen und Glycerin und Duftstoffen wieder zu einer "Pflegeseife" machen kann. Meistens bestehen diese Seifen einfach nur aus Kokos, Palmkern und Palmöl plus ein paar verschämte Pflegezusätze ganz hinten auf der INCI-Liste.
Alepposeife ist in diesem Sinne eine echte Kernseife, die kein Glycerin, keine Überfettung und keine Anteile von typischen Fettbegleitstoffen wie das "Unverseifbare" der Öle mehr enthält. Die wird aus Olivenöl mit oder ohne Lorbeeröl hergestellt - nicht aus Kokos.
African Black Soap wiederum enthält in der Regel Palmkernöl, Sheabutter und Kakaobutter - wieder eine andere, tradtionelle Seifenmischung, die auch sehr schön ist. Die ist übrigens bräunlich und leicht knetbar und macht einen sehr feinporigen Schaum.
Ist das jetzt gut oder schlecht?
Weder noch. Viele Leute, die Seife für die Haare verwenden, kommen mit Kernseifen wie Aleppo besser zurecht, eben WEIL keine Überfettung und kein Glycerin mehr vorhanden ist.
Aber: Wir sind hier ja Beautyjunkies, also wollen wir die ultimativ cremige, schaumige, pflegende Seife, die Hüften, Hintern und Wangen in perfekter Makellosigkeit und Wohlgeruch der Dusche entsteigen lässt. Nichts weniger.. :)
Zunächst wirft man bei allen Siedern einen Blick auf die Zutatenliste. Die allermeisten Seifen enthalten Kokosöl oder Palmkernöl oder Babassuöl. Das sind die Öle, die den feisten Schaum machen in Seife. Findet sich in der Liste ausserdem Rizinusöl ist das auch eine schöne Sache für ordentlich Schaum, denn deswegen verwendet man Rizinusöl in Seife. :)
Als sowohl pflegende als auch härtende Zutaten - die Seife soll ja nicht am Waschbecken gleich wegglibbern - verwenden alle Sieder Palmöl (aus der Frucht gewonnen - Palmkern ist aus den Kernen der Palmfrucht), Kakaobutter, Mangobutter oder Sheabutter. Welches der Fette man bevorzugt, muss man ausprobieren. Manche Leute schwören auf Kakaobutter - andere finden sie leicht austrocknend. Wem Ökologie und Naturschutz wichtig ist, der sollte gucken, ob die Shea aus fair trade kommt und ob das Palmöl nachhaltig angebaut wird.
Schliesslich findet man diverse andere Öle in den Seifen der Sieder: Olive, Rapsöl, Avocadoöl, Mandelöl, Reiskeimöl, Sesamöl, Sonnenblume, Distel - man kann im Prinzip praktisch alle Öle in Seife verwenden. Seifen mit viel Olive und/oder viel Avocadoöl finden viele Leute toll pflegend und besonders mild. Rapsöl ist ein heimisches, sehr günstiges Öl, was eine richtig gute Seife macht - wem zum Beispiel wichtig ist, dass nicht zuviele Exoten in Seife vorkommen, der kann gezielt guten Gewissens Rapsöl-Seifen kaufen. Keins der Öle ist per se besser als das andere - es hängt von den individuellen Vorlieben und der Haut ab und natürlich der Zusammensetzung der Seife, wie man eine Seife empfindet.
Und hier liegt auch einer der Hauptunterschiede zu den "industriellen" Seifen - wer sich die INCI-Listen genauer anschaut, wird sehen, dass viele dieser Seifen einfach aus viel Kokos oder Palmkern plus ein wenig Palmöl und winzige Mengen anderer Öle bestehen - da ein sehr hoher Anteil Schaumfette zwar geil Schaum macht, aber auch austrocknet, versuchen die meisten Sieder eine schön ausbalancierte Seife zu machen, die die Schaumgelüste befriedigt UND nicht austrocknet. (Wir wollen ja immer alles. ;)
Zu guter Letzt ist der Überfettungsgrad und die Fettanteile ein Blick wert: Eine 20% überfette Kokosseife wird nie so mild und pflegend sein wie eine 6% überfette Avocadoölseife mit Olive. Die Eigenschaften der Fette sind einfach zu verschieden. Deswegen ist nicht einfach der nackte Prozentsatz "Überfettung" wichtig, sondern auch, welche Öle in der Seife enthalten sind.
Ausserdem wichtig: Zusätze in Seifen. Jojoba ist ein flüssiges Wachs, welches schlecht verseift. Das ist deswegen nett, weil dadurch pflegende Reste in der Seife unverseift zurückbleiben, die ein schönes Hautgefühl machen. Deswegen kann man immer auch eine Seife mit Bienenwachs, Lanolin oder Jojoba ausprobieren - oder mit anderen Wachsen.
Ob Zusätze wie Honig, Seide, Milchprodukte, Kräuter und ätherische Öle noch was in Seife bringen, weiss ich nicht - bisher ist etwas schwierig, herauszufinden, ob z.B. ätherische Öle die Verseifung in ihrer Wirkung überleben und ob von Kamillenaufguss noch irgendwas kamilliges übrig bleibt, wenn man damit die Lauge herstellt.
Ob man Parfumöle in Seife mag, oder duftneutrale Seifen bevorzugt, muss natürlich jede selbst entscheiden.
Was man auf jeden Fall ausprobieren sollte, wenn man empfindliche Haut hat, sind Seifen mit Salz, Heilschlämmen oder Moorbeigaben - ich finde, dass das mit die coolste Gesichtsreinigung seit Wange-an-Mammut-reiben ist. :)
Wenn ich also eine Seife kaufen würde - egal bei welcher gewerblichen Siederin - ich würde die so aussuchen:
Ich mag Kräuteraufgüsse sehr, finde Milchseifen total überbewertet (sieht praktisch niemand so ausser mir, das sage ich gleich dazu ;) und ich bevorzuge Seife mit viel Mandel, Avocado, Olive, Reiskeim oder Rapsöl auf Kokos oder Babassu-Basis mit Shea- oder Mangobutter und einem Anteil an Jojoba oder Wachs. Ich mag keine Parfumöle, finde aber Seifen mit Schlamm aus dem Toten Meer ganz grossartig und finde trotz des Geruchs Holzkohlenteer-Seifen prima. Ich ziehe Überfettungen über 10% vor und habe für meine Haare neuerdings Seifen mit Eigelb und Bienenwachs für mich entdeckt, die idealerweise eine Überfettung um die 6% enthalten sollten. Als olle Ökotante sind mir Bio-Zutaten wichtig und als Techie kriege ich ANFÄLLE, wenn die Webseiten schlecht gemacht sind. Alepposeifen kaufe ich nicht unter 3-4 Jahren Alter, wie ich überhaupt sehr alte, lange gereifte Seifen bevorzuge.
Zuletzt noch ein paar Hinweise:
* Seife ist IMMER Fette mit Lauge "verseift". Deswegen heisst das so.
* Seife ist IMMER alkalisch im pH-Wert
* Seife ist obwohl sie nass in der Gegend herumliegt, nicht unhygienisch. Durch den pH-Wert überleben da einfach nach einiger Zeit keine nennenswerten Keime.
* Man kann mit Seife auch putzen und Wäsche waschen, das klappt hervorragend.
* Seife ist entgegen der traditionellen Ansicht (zumindest nach dem, was ich recherchiert habe) NICHT total hautschädlich und ganz, ganz schrecklich für den Säureschutzmantel (der sich eh fix regeneriert). Viele Leute kommen ganz prima mit dem basischen pH-Wert zurecht.
* Man kann mit Seife Haare waschen, sollte aber mit einer sauren Rinse nachspülen (Zitrone oder Essig in Wasser beispielsweise).
* Seife kann tierische Fette verseift enthalten - das INCI "tallow" beispielsweise ist schlicht Rindertalg. Das ist nicht per se schlecht, sondern einfach eine sinnvolle Nutzung des Rohstoffs, der sonst übrig bleiben würde. Man kann natürlich vegane Seifen ganz ohne tierische Produkte kaufen. (Kein Rindertalg, kein Lanolin und kein Bienenwachs, Honig, Eigelb, Milch und keine Seide.)
* Bei "Sandelholzseife" sehr genau auf die INCI schauen - genau wie bei "Melissenseife". Echtes Sandelholz ist TEUER (und fast ausgerottet, übrigens) und hat das INCI santalum album. Es gibt "Sandelholz, westindisch" - das ist als INCI amyris balsamifera und KEIN "richtiges" Sandelholz. Es riecht anders - nichts desto trotz ist Amyris ein schönes, ätherisches Öl. Melisse ist nur echte Melisse, wenn das INCI melissa officinalis ist - melissa indicum ist Citronella und nicht Melisse. Echte Melisse ist nämlich auch sehr teuer. Auch Citronella ist ein nettes ätherisches Öl - aber eben keine echte Melisse.