Ein paar Gedanken von mir zu diesem Thema: Minimalismus ist für mich weder ein idealistisches Ziel noch so eine Art Wettbewerb "Wer hat am wenigsten", sondern die höchst spannende Herausforderung, rauszukriegen, was ich brauche, was ich nicht brauche, wo ich Dinge kaufe oder anhäufe, um anderweitig Leere (oder Langeweile) zu kompensieren, wann mich Besitz belastet und wann er für mich gut und hilfreich ist. Für mich bedeutet Minimalismus auch, äußere Leere durch innere Fülle zu ergänzen. Das heißt, wenn ich nicht mehr ständig von Dingen, von Kaufen und Anhäufen und "Haben" meinen Lebensinhalt, meine Hauptbeschäftigung und meine Anregungen her beziehe, bin ich notwendigerweise gezwungen, die innere Fülle zu entwickeln: Lebenssinn in mir und nicht im Konsum zu entdecken, mich mit etwas beschäftigen können, ohne dass dauernd von außen dazu Impulse und Gegenstände notwendig sind, Wissen, Gelassenheit, innere Freude usw. zu entwickeln. Ich empfinde das als große Freiheit. Je weniger ich abhängig bin von Besitz, Konsum und Gegenständen, an denen mein Herz, mein Verstand oder auch nur mein Geld hängen, umso stärker wird für mich das Gefühl der inneren Freiheit, Selbstbestimmtheit und Weite.
Für mich ist auch ganz zentral, nicht ständig wegzuschmeißen, sondern immer weniger zu kaufen und mit dem, was ich habe, sorgsam und verantwortlich umzugehen. Jene Art von "Minimalismus" á la "Ich habe nur wenig, aber was ich habe, ist edel, teuer, öko und ethisch vorbildhaft" ist nicht mein Lebensstil, nicht mein Ziel, sondern in meinen Augen eine andere Art von Snobismus.
In den Minimalismusblogs lese ich übrigens fast nie, ich finde sie selten inspirierend, oft genug aber sehr verbissen und engherzig. Ich zumindest werde es nie schaffen, ethisch und ökologisch einwandfrei zu leben. Das Leben ist immer mit Kompromissen verbunden, und mein Leben zumindest ist weder schwarz noch weiß noch grau, sondern bunt und vielfältig und es gibt nicht DIE Lösung für jeden und alles. Und alles rauszuwerfen, nur damit ich sagen kann, wow, ich bin besser als andere im Wegwerfen, finde ich albern. Minimalismus ist in meinen Augen kein Wettbewerb. Er ist einfach der Versuch, äußere Anreize, Besitz und Konsum durch andere Werte zu ersetzen - die natürlich individuell sind. Niemand braucht minimalistisch zu leben oder es auch nur zu versuchen, wenn er keinen Sinn darin sieht.