Huhuuu!
Mal ganz generell zum nächtlichen cremen:
Als mein Vater vor gefühlten hundert Jahren in der Dermatologie anfing (der Grund, warum ich ebenfalls in dem Bereich tätig bin - Töchter und ihre Papas

), war Nachtpflege nur ein Anti-Age-Unsinn der Generation 60+, propagiert von den Herstellern sündhaft teurer Luxuscremes. Es machte ja auch Sinn: wenn Frau sich abends mit mineralölhaltigen Produkten zukleistert, sieht die Haut am Morgen halbwegs strahlend und frisch aus. Ein künstlicher Effekt, der nichts mit gesunder Haut zu tun hat, natürlich - aber wen kümmert das im Jugendwahn?
Hautmedizinisch gesehen sprach damals schon nichts für 24-Stunden-Pflege, und daran hat sich auch nichts geändert. Im Gegenteil: mehr als je zuvor hat sich
Überpflegung mittlerweile von einer Randerscheinung zu einer der häufigsten Diagnosen in der Dermatologie gemausert. Und nächtliches cremen tut seinen Teil dazu.
Wir versuchen, unseren Patienten die Haut immer als eine Art Muskel darzustellen. Am effektivsten ist Krafttraining nicht, wenn man jeden Tag von morgens bis abends durchtrainiert - nein, der Körper braucht Trainings- und Ruhephasen. Zwei mal die Woche, vielleicht drei mal, mit Pausen - für den konsequenten Aufbau der Muskeln ist das die beste Form.
Bei der Haut ist das nicht anders: wir wollen a) die Haut pflegen und nähren, aber wir wollen b) ja auch, daß sie atmet und fettet, schwitzt und dabei kühlt und sich selbst reguliert. Dafür hat man die Nacht. Denn im Bett braucht man weder eine mechanische Schutzbarriere (Fettcremes), noch eine chemische (LSF-Cremes etc.), noch eine optische (Make-Up).
Viele Hersteller und noch mehr Käufer von Nachtcremes ignorieren das. Im Gegenteil:
reichhaltig soll sie sein, die Nachtcreme. Dick aufgetragen, damit man morgens (nachdem die Hälfte ins Kissen gesickert ist) noch irgendeinen Effekt merkt.
Prall und
durchfeuchtet sind dann zwei der Schlagwörter für die Haut, wenn man eigentlich eher
überfettet und abgedichtet und der natürlichen Vorgänge beraubt" sagen sollte.
"Aber, aber, aber ich brauche doch abends Pflege, weil meine Haut so spannt" - wir können es in der Klinik fast mitsprechen. In Wahrheit sind wir als Kinder der 24-Stunden-Pflege-Generation so an eine tendenziell überversorgte Haut gewöhnt, daß wir den Normalzustand nicht mehr ertragen. Trockene Haut ist nichts schlimmes. Selbst spannende Haut ist nichts schlimmes - sie ist temporär entfettet, produziert (sofern nicht von einer medizinisch relevanten Krankheit geschwächt) aber innerhalb von vier bis acht Stunden die
perfekte Menge an Fett nach. Das Hautgefühl trügt - fast jeden.
Langer Beitrag, kurzes Fazit:
wer keine kranke Haut hat, muss sie nachts nicht behandeln. Wer aber unbedingt nachts cremen will, warum auch immer, kann von purer Sheabutter bis hin zur 100-Euro-Kaviar-Creme alles nehmen: aus Sicht der Haut und ihrer nächtlichen Regenerationsphase ist es alles der gleiche unnötige Unsinn.